Wer sagt eigentlich, dass Paddeln nur eine Sommersportart ist? In den letzten Jahren hat sich die Einstellung zu unserem Sport deutlich verändert. Wer den Kanusport intensiver betreibt möchte nicht im Winter nur drinnen sitzen, sondern das ganze Jahr auf dem Wasser unterwegs sein. Die wohl zurzeit am heißesten diskutierte Frage überall lautet: Was zieh ich an? Wie in jeder Sportart haben die alten Hasen so ihre kleinen Geheimnisse, was am besten geht. Dazu kommen dann noch ein größer Haufen an Gerüchten und Tipps aus der einschlägigen Fachpresse, von verschieden Seiten aus dem Internet oder von „guten Bekannten“. Also, was geht? Ist der Neoprenanzug geeignet und dick genug? Was ziehe ich an die Hände und was setzte ich auf den Kopf? Kann man so eigentlich noch paddeln? Fragen über Fragen. Die einzige sinnvolle Antwort heißt für uns daher ausprobieren! Zum Beginn der kalten Jahreszeit haben wir für die potentiellen Winterpaddler aus unserem Verein daher kurzentschlossen zwei Termine für einen Wintercheck bei uns auf der Kieler Förde angesetzt. Der erste Termin fällt auf einen grauen Sonntag, der Wind bläst stramm aus Süd. Auf dem Weg zum Kanuheim habe ich definitiv keine Lust auf Baden. Ich denke, wieso haben wir uns so einen Unsinn nur ausgedacht, hoffentlich kommt keiner! Großer Irrtum, am Kanuheim stehen schon einige wild entschlossene. Am Ende werden wir acht Paddler. Gut präpariert geht es zunächst zum Aufwärmen auf die offene Förde. Der Wind kommt stramm von vorne und es ist für einige eine ganz neue Erfahrung den Druck der zum Teil sehr heftigen Böen im Boot standzuhalten. Wir sammeln uns in einer geschützten Bucht nur wenige Paddelminuten von den warmen Duschen im Bootshaus entfernt. Los geht’s! Zunächst zögerlich, mit der Zeit aber immer mutiger stürzen wir uns ins Wasser. Kentern, Rollen, und der Wiedereinstieg klappt gleich am Anfang auch in der dicken Paddelkleidung hervorragend. Das Üben im Sommer zahlt sich offensichtlich bei unseren Kanuten aus.
Besonders hat es uns die Methode zum Soloeinstieg angetan, ist doch
hierbei die Chance besonders groß, schnell und ungewollt wieder ins Wasser
zu fallen. Gut geht aberauch alles andere. Angefangen von Sitzen auf dem
Boot, bis hin zu Stehen im Boot, oder der versuchte Kopfstand. Nach zwei
Stunden Dauerbaden setzt sich der Erkenntnis durch, das sollte fürs erste
reichen. Eine Woche später haben die meisten dann ihre Versuche auf und in
der Förde fortgesetzt. Unser Fazit: Es geht, es geht sogar sehr gut.
Ausfallend war der hohe Energieverbrauch bei den Bewegungen im kalten
Wasser. Alles was bei den Rettungsübungen im Sommer einfach und scheinbar
mühelos gelang, fiel uns mit der nun deutlich dickeren Kleidung und bei
den niedrigen Temperaturen deutlich schwerer. Ernüchterung brachte bei
einigen Teilnehmern der Versuch des Soloeinstiegs. Zwar waren alle in der
Lage ohne Partnerhilfe wieder ins Boot zu gelangen, es wurde jedoch den
meisten sehr deutlich, dass sie in den kommenden Monaten nur mit einem
Partner auf das Wasser gehen werden. Und die Kleidung? Neopren mit einer
ordentlichen Dicke in Kombination mit einer Paddeljacke geht (noch), ein
Trockenanzug ist hervorragend, und bietet den höchsten Komfort und die
größte Sicherheit im kalten Wasser.
Noch ist die Wassertemperatur nahe bei 10°C. Im
Verlauf der Winterwochen wird sich die Temperatur noch einmal deutlich
nach unten bewegen, Temperaturen unter 4°C sind dabei keine Seltenheit.
Eine gut sitzende Neoprenhaube die besonders auch den Halsbereich und die
Stirn schützt und entsprechender Schutz für die Finger wird in den
nächsten Wochen immer wichtiger. Spannend bleibt weiterhin die Frage was
ziehe ich unter den Trockenanzug an? Ein Anzug an sich hält nur trocken,
eine ausreichende Schicht zur Isolation muss entsprechend der Aktivitäten
und der Wassertemperatur gewählt werden. Der Aufbau nach dem
Zwiebelschalen-Prinzip hat sich in den letzten Jahren bewährt. Je nach
Entwicklung der Wassertemperatur wir eine Schicht mehr oder weniger
eingeplant.Zu berücksichtigen ist natürlich auch die Art der Paddeltour.
Für die flotte Fahrt bei ruhigem Wetter fällt die Wahl der wärmenden
Schicht anders aus, als bei einer Tour mit viel Wind und Wellengang. Die
Aktion zum Beginn des Winters ist nur eine Momentaufnahme. Die
Wassertemperatur wird sich im Laufe des Winters noch deutlich nach unten
bewegen. Für uns heißt das, es gibt definitiv eine Fortsetzung für den
Wintercheck.
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